Mittwoch, 30. Dezember 2015

Rezension zu "Traumsammler" von Khaled Hosseini

Durch ständig neu aufgeworfene Abschnitte ist die Geschichte sehr verwirrend

 

Zum Inhalt:
Abdullah ist 10 Jahre alt und lebt mit seinem Vater, seiner Stiefmutter, seinem Stiefbruder und seiner Schwester Pari in ärmlichen Verhältnissen. Er und Pari sind ein Herz und eine Seele, dabei ist die Kleine gerade einmal 3 Jahre alt. Zumindest sind sie das, bis ihr Vater einsieht, dass er nicht mehr für die beiden, ihren Stiefbruder Iqbal und seine neue Frau sorgen kann. Unter Tränen werden die beiden Geschwister getrennt und Pari kommt in der Wadhati-Familie unter. Doch statt sich an ihren Bruder zu erinnern gerät er für sie immer mehr in Vergessenheit...
Abdullah hingegen will seine Schwester wiedersehen, doch es will ihm nicht gelingen. Erst Jahrzehnte später taucht ein Dokument auf, das Pari beweist, dass sie einen Bruder hat. Ist es zu spät für die Geschwister um noch zusammenzufinden?

Meine Meinung:
Da ich bereits Tausend strahlende Sonnen von Khaled Hosseini gelesen habe, musste ich natürlich auch Traumsammler lesen, besonders, da dieser Roman so hoch gelobt worden ist. Leider konnte dieser mich nicht so überzeugen wie es bei anderen der Fall war.

Zuerst einmal möchte ich wie immer über die Sprache des Romans reden. Wer Khaled Hosseinis Bücher kennt, weiß, dass er sehr schnörkellos, aber dennoch recht poetisch schreibt. Dies ist bei Traumsammler genauso. Man ist sehr nah am Geschehen und fühlt sich dementsprechend auch den Charakteren und der Handlung des Romans sehr nah. Genau wie in seinem Vorgänger benutzt der Autor gewisse Worte aus seiner Muttersprache um den Leser der Situation und vor allem auch seinem Heimatland näherzubringen. Obwohl die Worte in einer fremden Sprache geschrieben sind und der Großteil der Leser nicht Hosseinis Muttersprache mächtig ist, sind diese Worte im Kontext gesehen dennoch verständlich. Oft erklärt Hosseini sie auch in einem kurzen Nebensatz um den Leser nicht in der Luft hängen zu lassen. Somit stellt die Benutzung seiner Muttersprache kein großes Hindernis für den Leser dar. Oft beschreibt Hosseini die Situationen, in denen sich seine Charaktere befinden sehr direkt und häufig recht objektiv. Dadurch erfährt der Leser nur, was passiert, jedoch nicht die Bewertungen des Erzählers. Dieser wechselt im Verlauf der Handlung des Öfteren und gewährt Einblick in den Kopf verschiedener Personen, am häufigsten wird jedoch der personale Erzähler benutzt, der sich nicht direkt im Kopf des jeweiligen Protagonisten befindet. Leider fand ich die Länge der Kapitel etwas unpassend gewählt. Die Kapitel an sich ergeben Sinn, aber oftmals sind sie zu lang um sie in einem Rutsch wirklich durchlesen zu können. Da ich in den letzten Monaten kaum Zeit hatte wegen Unistress und dem ganzen Kram, bin ich oft wieder aus der Geschichte herausgekommen, weil ich nicht mehr wusste um was es überhaupt ging.

Leider ist es nicht das Einzige, was mir an dem Roman nicht so gut gefallen hat. Auch die Charaktere waren für mich schwierig zu erfassen, so dass ich kaum etwas über sie sagen kann. Jedes Kapitel stellt einen anderen Charakter in den Vordergrund und macht ihn somit (für einen kurzen Moment zumindest) zum Protagonisten. Denkt man anfangs, dass dies doch eigentlich Pari und Abdullah sein müssten, wird man enttäuscht. Zwar finde ich es gut, dass Hosseini verschiedene Charaktere sprechen lässt, da viele auch zum Wiedersehen der beiden Geschwister beitragen, aber einige Passagen fand ich unnötig, da diese einfach geschrieben worden waren ohne mit der Handlung zusammenzuhängen. Zumindest erschien mir das so. Dadurch, dass auch ständig ein Protagonistenwechsel stattfand, konnten die Charaktereigenschaften der einzelnen Personen kaum oder nur unzureichend herausgestellt werden. Sie wirkten nicht real auf den Leser, sondern schienen nur Mittel zum Zweck zu sein, die Geschichte voranzutreiben. Somit liegt der Fokus des Romans klar auf der Handlung während die Personen zurückfallen und in den Hintergrund treten müssen. Die Balance zwischen Handlung und Charakterzügen der Personen bleibt aus; stattdessen wird mehr Gewicht darauf gelegt, ihren Nutzen für die Geschichte hervorzuheben während ihre Persönlichkeiten mit jedem Kapitel unwichtiger werden.

Den Handlungsverlauf empfand ich als unglaublich verwirrend. Dies lag nicht nur an den langen Kapiteln, sondern auch an den vielen Personen und ihrem Handeln und Gesagtem. Irgendwie konnte ich den Zusammenhang zwischen den einzelnen Geschichten, die sich zu einer zusammenfügen sollten, nicht ganz erkennen. Man muss sich als Leser sehr stark konzentrieren um mitzukommen und die Zusammenhänge zu verstehen. Tut man das nicht, muss man oft mehrere Seiten oder Kapitel zurückblättern um sich in Erinnerung zu rufen, was bisher passiert ist. Ich hatte das Gefühl, dass man sich als Leser die gesamte Geschichte vollkommen selbstständig erarbeiten musste. Man bekam von dem Autor die Kapitel, sozusagen als Puzzleteile, während der Leser sie zu einem Gesamtbild zusammensetzen sollte. Man erhält nur Fetzen von der Gesamthandlung, das in irgendeiner Weise eine Geschichte ergeben soll, dennoch habe ich nach Beendigung des Buches, was jetzt auch schon über 2 Monate zurückliegt, immer noch nicht alle Puzzleteile zusammensetzen können. Die Kapitel selbst gehen nicht fließend ineinander über. Das ständige Herausreißen und Hineinwerfen in die nächste Situation ist irgendwie abrupt und gehört manchmal gar nicht wirklich zusammen. Auch muss man sich sehr häufig fragen, wo ich mich gerade befinde. Bin ich gerade in der Gegenwart, der Vergangenheit? Welcher Charakter bin ich jetzt? - Das sind wohl die häufigsten Fragen die ich mir während des Lesens gestellt habe. Auch wenn der Fluss in der Geschichte nicht wirklich vorhanden war hatte ich trotzdem das Gefühl nah am Geschehen zu sein und mich gut in die jeweiligen Situationen hineinversetzen zu können. Somit konnte man zumindest die Handlung miterleben wenn man schon große Probleme hatte, sie zu verstehen.
Das Ende empfand ich als sehr bitter und traurig. Irgendwie habe ich mir etwas Anderes erhofft und auch erwartet, aber das ist nicht eingetreten. Der Abschluss der Geschichte fühlte sich für mich falsch und auch richtig zugleich an - irgendwie hatte ich das Gefühl, dass etwas fehlte aber irgendwie auch nicht. Das Gefühl, hängen gelassen zu sein, habe ich hier am Ende des Romans ganz besonders deutlich gespürt und ob ich mit dem Abschluss an sich zufrieden bin kann ich immer noch nicht wirklich sagen. Dies liegt höchstwahrscheinlich auch an der Distanz zu den einzelnen Charakteren, obwohl man sich nach der traurigen Reise durch die Zeit etwas anderes erhofft hatte.

Fazit:
Leider konnte Traumsammler meine Erwartungen überhaupt nicht erfüllen. Für mich war die Geschichte viel zu verworren um überhaupt einen Fluss in der Handlung herzustellen und man brauchte auch sehr lange um wieder in die Geschichte hineinzufinden nachdem man eine Lesepause gemacht hat. Auch die Charaktere konnten mich nicht wirklich überzeugen. Sie dienen praktisch nur als Mittel zum Zweck, die Handlung voranzutreiben und existieren nur auf dem Papier. Man lernt nur ihre Geschichte kennen, während ihre Gedanken und Gefühle oft außen vor bleiben. Einzig und allein die Sprache konnte durch ihre Poesie ein wenig bei mir punkten. Sie ist das Instrument was den Leser an das Geschehen fesselt, so dass man trotz all der Verwirrung weiterlesen möchte. Ansonsten war Traumsammler für mich leider nur eine emotionale und mitfühlende Geschichte, der aufgrund der oberflächlichen Charaktere und ihrer Verworrenheit das Herz gefehlt hat. Somit kann ich für diesen Roman leider nur 2 Sterne vergeben.

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Allgemeine Infos zum Buch
Erscheinungsdatum Erstausgabe : 31.07.2013
Aktuelle Ausgabe : 25.09.2014
Verlag : FISCHER Taschenbuch
ISBN: 9783596198207
Flexibler Einband 448 Seiten
Sprache: Deutsch

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